Michael Gnade - ein fotografierender Künstler


Michael Gnade, 1941 in Magdeburg geboren, einen 'fotografierenden Künstler'
zu nennen, heisst dem Umstand Rechnung zu tragen, daß er in den bildenden Künsten
seine Studien absolvierte, während er in der Fotografie als Autodidakt,
wie er sich für ihn typisch ausdrückt, internationale Anerkennung gefunden
hat. Es heisst aber auch (im Sinne Michael Gnades), das Problematische
der Auffassung von Fotografie als Kunst anzudeuten. Von 1960 bis 1967 studierte
Michael Gnade zunächst an den Werkkunstschulen in Düsseldorf und Köln,
sodann an den Kunstakademien in Stuttgart und Düsseldorf Grafik, Malerei, Porträt-
und Aktzeichnen sowie Bildhauerei bei den Professoren Heinz-Georg Lenzen,
Ferdinand Macketanz, Manfred Sieler, Karl Bobek und Gerhard Gollwitzer.
Bei dem Maler und Karikaturisten Hans Pfannmüller studierte er
bemerkenswerterweise im Rahmen der Volkshochschule. Der Betrieb in der Kunst-
szene war Michael Gnades Sache nicht, vielmehr orientierte er sich am
Qualitätsideal der klassischen Meister, am Gegenständlichen und Handwerklichen.

Nach seinem Studium arbeitete Michael Gnade, wie man gewöhnlich sagt, als freier
Künstler (also nicht in der freien Wirtschaft). Dabei bewirkte der spontane Erfolg,
den er mit seinen ersten Ausstellungen und Veröffentlichungen hatte, dass sich
Michael Gnade auch auf die Fotografie konzentrierte. Zum Glück verfügte der Fotograf
Michael Gnade dabei über die Maßstäbe des Künstlers Michael Gnade.

Michael Gnade besitzt zwei hervortretende Eigenschaften, die, würde man sich
zu ihrer Benennung gängiger Vokabeln bedienen, im allgemeinen überwiegend negativ
bewertet werden: Sturheit und Naivität. Diese Einschätzung verkehrt sich
allerdings bei Künstlerpersönlichkeiten zwanglos zum Positiven, ja zum Unabdingbaren.
Das vordergründig als Sturheit Empfundene zeigt sich als Beharrlichkeit
und Stehvermögen: Das Überarbeiten, Verbessern von bereits Fertigem, das Verwerfen
und Neukonzipieren kennzeichnen das Selbstverständnis des Künstlers.
Gleichermassen wandelt sich scheinbare Naivität zu Unvoreingenommenheit und
Offenheit: Sie schaffen Spielräume des Erlebens und machen resistent gegen
Modeströmungen. Es mag paradox klingen, aber Michael Gnade scheint mir von Natur
aus das Talent der Freiheit zu besitzen - ein Talent, um das man ihn beneiden kann.
Und er verfügt über Humor, jene seltene und schätzenswerte Form von
Intelligenz, die ohne kritische Distanz zu sich und der Welt unmöglich ist.
Distanz - Abstand von den Dingen - bedeutet bei dem Fotografen Michael Gnade
nicht kühle Abstinenz oder geistige Teilnahmslosigkeit, sondern engagiertes
Entdecken und bewusstes Gestalten.

Aus ProfiFOTO, Fotografie und Kunst, 1983, von Dr. Hartmut Brands, Universität Düsseldorf.





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